Heute beginnt der schwierige Teil des Lechtaler Höhenweges, der sich durch den Gebirgszug der Lechtaler Alpen bis zum Flexenpass zieht. Dieser hochalpine Weg setzt neben guten Wetterverhältnissen, Schwindelfreiheit, Trittsicherheit, hervorragende Kondition und Orientierungsgeschick voraus. Der beste Einstieg für Martina in den Nordalpenweg ;-)
Im Wanderbuch lesen wir von hohen Scharten und Jochen, äußerst steilen Grashängen und ausgesetzten Steigen. Dazu kommen bis in den Hochsommer Vereisungen und Altschneefelder hinzu. Den ersten Vorgeschmack davon bekommen wir heute zu spüren.
Beim Frühstück im Landhotel Seeblick in Nassereith wissen wir davon noch nichts. Wir haben es sehr lustig, da der Wirt gerne Witze macht. Gemeinsam mit Luis sitzt er beim Morgenmahl und wir haben es schwer, den beiden auf tirolerisch zu folgen. Nun wird es Zeit sich auf die Reise zu machen, da ein langer Wandertag vor uns liegt. Wir marschieren von Nassereith nach St. Wendelin und weiter westlich ins Tegestal. Nun beginnt bei knapp 30 Grad ein schweißstreibender Aufstieg zum Schweinsteinjoch und weiter zur Hinteren Tarrentonalm.
Hier sind wir Mittags die einzigen Wanderer, alle anderen sind mit ihren Mountainbikes unterwegs. Während wir uns mit einem Liter „Johann“ (= Johannesbeersaft gespritzt), einer Frittatensuppe und einem Tiroler Speckbrot stärken, essen die Einheimischen ein Graukasbrot und einen halben Liter Buttermilch. Wenn ich das trinken und essen würde, hätte ich bestimmt Dünnpfiff.
Hurtig geht es weiter zur Hinterberghütte, wo ein fleißiger Hirtenhund gerade die Kühe zusammen treibt. Leider genau auf dem Wanderweg in unsere Richtung. Wir flüchten auf den steilen Grashang und warten bis die Kühe vorbei marschiert sind. Nun steigen wir weiter auf zum Hinterbergjoch. Kurz davor auf rund 2.000 Metern Höhe treffen wir auf eine große Schafherde, die wir in der Mitte durchschreiten müssen. Die meisten Schafe laufen weg, doch der vermeintliche Oberboss, ein Schafbock, liefert sich mit mir ein Augenduell am Weg und macht keinen Schritt zur Seite. Ich folge schlussendlich Martinas Rat und wir lassen ihm den Vortritt, den er wohlwollend zur Kenntnis nimmt. Bis zur Spitze des Hinterbergjochs, welches wir über ein Schneefeld erreichen, ist das Blöken der Schafe zu hören.
Es folgt ein Abstieg auf sehr schmalem Steig über einen steilen Grashang. Ebenso benötigen wir beim anschließenden Anstieg zum Kromsattel durch ein Geröllfeld und anschließendem Altschneefeld unsere völlige Konzentration. Kurz nach Überschreiten des Sattels hören wir ein lautes Donnern. Wir denken, dass von den steilen Hängen der Gabelspitze Steine herunter fallen. Doch bei näherem Hinsehen, entdecken wir zwei Steinböcke, die sich einen Kampf liefern, bis einer von ihnen klein beigibt und abdüst. Noch knapp 100 Höhenmeter steigen wir ab, dann erreichen wir die Anhalter Hütte.
Wir trauen unseren Augen und unseren Nasen nicht, als wir die Hütte betreten, da uns rund 60 Paar Wanderschuhe entgegen stinken, die einer Jugendgruppe aus Belgien gehören. Entsprechender Trouble herrscht auf der Hütte. Das Hüttenmädchen, das aussieht wie Penelope Cruz in jungen Jahren, macht das aber wett.
Die Tour im Überblick
Tourverlauf: Nassereith (838 m) – Tegestal – Schweinsteinjoch (1.564 m) – Hintere Tarrentonalpe (1.519 m) – Hinterbergjoch (2.202 m) – Kromsattel (2.137 m) – Anhalter Hütte (2.038 m)
- Schwere Tour
- 19 Kilometer
- 7 Std 20 Min Gehzeit
- 8 Std 25 Min gesamt inkl. Pausen
- Aufstieg: 1.462 m
- Abstieg: 274 m
- Höchster Punkt:
Hinterbergjoch (2.202 m) - Niedrigster Punkt:
Nassereith (838 m) - Wetter: teils sonnig, teils bewölkt, 15 bis 30 Grad
- Mitgewandert: Martina
Immer diese langweiligen Bergfotos – ich will Penelope sehen!